Die Parabel in Physik und Geometrie
 

Die Wurfparabel

1. Historisches
2. Das physikalische Problem
3. Eine einfache Herleitung der Wurfkurve
4. Eine anspruchsvolle Herleitung der Wurfkurve
5. Physikalische Folgerungen
6. Beispiel Basketball

Die Planetenbewegung

7. Historisches
8. Das physikalische Problem
9. Eine Herleitung der Planetenbewegung
10. Beispiel Komet

Vorschläge für einen projektartigen Unterrichsablauf

Literatur

Die Wurfparabel

1. Historisches ([1] und [2])
Die Frage „Warum fällt der Apfel zu Boden?" - dh. die Frage nach Ursache und Form einer Bewegung - beschäftigte nicht erst Isaac Newton, sondern schon griechische Philosophen.

Unter einer Bewegung verstand man im antiken Griechenland einen Prozeß, der

Daß diese Modelle fast 2 Jahrtausende unumstritten blieben, liegt an der strengen Trennung von Mathematik und Physik. Es ist eine Ironie des Schicksals, daß gerade Galilei Galileo, der diese Konzepte einer Bewegung erstmals durch eine mathematische Theorie zu stützen versuchte, zugleich einer gänzlich anderen Betrachtungsweise den Weg ebnete:

Anfang des 17. Jahrhunderts formulierten der Mathematiker Rene Descartes und der Physiker Christian Huygens eine neue Theorie: Bewegung sei ein Zustand, dessen Änderung eine Ursache benötige. Während

Isaac Newton, dem Begründer der klassischen Physik, gelang es, die bislang getrennt untersuchten Phänomene „Wurfbewegung" und „Planetenbewegung" unter Verwendung des Kraftfeldbegriffs einheitlich zu behandeln und auf dasselbe Prinzip „Gravitation" zurückzuführen.

Dabei berief er sich auf das von ihm entdeckte Allgemeine Gravitationsgesetz. Wir folgen nun Newtons Spuren.

2. Das physikalische Problem ([4], [6] und [7])

Wir wollen die Wurfbahn eines Objekts unter Einfluß der Schwerkraft untersuchen. Aufgrund von Beobachtungen vermuten wir:

Die Art der Wurfkurve ist abhängig von

Da es kaum möglich ist, alle die Wurfbahn beeinflussenden Parameter in eine möglichst einfache Universalformel einzubringen, treffen wir einige Vereinfachungen (Idealisierungen):
  Nach diesen Vorbereitungen fällt es nicht schwer, die Wurfbahn als Parabel zu identifizieren:

3. Eine einfache Herleitung der Wurfkurve ([5], [6] und [4])

Wir setzen neben unseren Vereinbarungen die 3 Newtonschen Gesetze und das Unabhängigkeitsprinzip voraus und zerlegen die Gesamtbewegung in 2 Teile:

Im Gegensatz zur üblichen Praxis bestimmen wir die Gleichung der Wurfkurve in einem y-z-Koordinatensystem. Dadurch soll die räumliche Lage der Kurve betont werden.

Die Parameterdarstellung der Kurve lautet damit (bei Vernachlässigung der Starthöhe h0)

.

Die Bahngleichung ergibt sich nach Eliminieren des Zeitparameters t unter Verwendung von

als

.

Diese Gleichung 2. Grades beschreibt, wie allgemein bekannt, eine Parabel.

Im nächsten Abschnitt entwickeln wir dieselbe Gleichung unter anderen Voraussetzungen; daher verzichten wir an dieser Stelle auf genauere Untersuchungen.

Die Abhängigkeit der Parabelbahn von den Parametern v0 und j0 kann etwa durch ein Algebraprogramm visualisiert werden. (Genaueres dazu findet sich in [4])

4. Eine anspruchsvolle Herleitung der Wurfkurve ([5])

Wir verzichten auf das Unabhängigkeitsprinzip und leiten die Bewegungsgleichung aus dem abstrakten Begriff des Parallelkraftfelds und unter Vermeidung allzu anschaulicher Betrachtungen ab. Diese Methode hat gegenüber der naiven Betrachtung in 3. den Vorteil, auf beliebige Kraftfeldtypen, so etwa der Zentralkraft (siehe Planetenbewegung), anwendbar zu sein.

Wir betrachten wieder ein Teilchen T mit Masse m und Ortsvektor  (in einem räumlichen Koordinatensystem mit Einheitsvektoren ), welches während des Wurfs durch die Schwerkraft beschleunigt wird. Nach dem 2. Newtonsche Gesetz „Kraft =Masse m · Beschleunigung " wirkt auf das Teilchen die Kraft

.

Wir vereinfachen diese Vektorgleichung zu

.

Nach einmaliger Integration nach t erhalten wir den Geschwindigkeitsvektor

,

worin  einen konstanten Vektor (Integrationskonstante) darstellt. Unter Verwendung der Startwerte j0 und v0 und der daraus resultierenden Startbedingung

errechnen wir die Konstante . Wir integrieren

und erhalten eine Parameterdarstellung der Wurfkurve als

.

Bei  handelt es sich um eine Schiebkonstante. Berücksichtigen wir die Starthöhe h0, so erhalten wir die ausführlich geschriebene Parameterdarstellung

.

Wir vernachlässigen die Wurfhöhe (h0=0) und erhalten eine die Wurfbahn beschreibende Gleichung als

.

Wir wenden auf diese Kurve eine Schiebung (metrische Hauptachsentransformation mit neuen Koordinaten x0,y0,z0) an und erhalten die Gleichung einer nach unten geöffneten Parabel

mit lotrechter Achse und Parabelparameter .

5. Physikalische Folgerungen ([5])
 
 

."

6. Beispiel Basketball ([5])

Im folgenden wird das DG-Arbeitsblatt „Basketball 1" zum Thema Wurfparabel besprochen.
Eine weitere, komplett analog zu lösende Aufgabe „Basketball 2" ist beigelegt:

Basketball 1:Ein Basketballer wirft einen Ball aus der Position W mit Wurfwinkel 40° (=1.Böschungswin-kel) so, daß der Ball zuerst das Brett im Punkt B trifft und danach in den Korb K fällt.

Beantworte:

Wo liegt der Reflexionspunkt B?

Wo liegt der Scheitel S der Wurfkurve?

Mit welcher Geschwindigkeit muß der Ball abgeworfen werden, um diese Bahn einzuhalten?

Notwendiges Basiswissen:

Zur Lösung des Beispiels müssen folgende räumliche Überlegungen angestellt werden: Zur konstruktiven Lösung des Beispiels sind folgende Grundoperationen notwendig: Die Planetenbewegung

7. Historisches ([1] und [2])

Schon in der Antike beschäftigten sich Gelehrte mit den Himmelskörpern. Während die Beobachtung des Sternenhimmels zuerst aus rein religiösen Gründen (Babylonien, etwa 800 v.Chr.) geschah, bemühten sich Gelehrte schließlich um die Lösung folgender Fragen:

Über zwei Jahrtausende lang versuchten Wissenschaftler, das Geheimnis der Planeten vorwiegend durch Beobachtung und von religiöser Überzeugung geleitet zu ergründen. So „mußten" etwa die Planetenbahnen Kreisbahnen sein, weil der Kreis in seiner Symmetrie „göttlich" wäre.

Es wurden folgende Theorien zuerst befürwortet, dann geprüft und schließlich verworfen:

8. Das physikalische Problem ([5], [6] und [7])

Wir setzen das Allgemeine Gravitationsgesetz von Isaac Newton voraus:
 
Zwei Massepunkte P und Q ziehen einander mit der Kraft  an, die nur von den Massen p und q sowie dem gegenseitigen Abstand der Punkte P und Q abhängt. G ist eine Naturkonstante und beträgt etwa G = 6,673 10-11 Nm2/kg2.

Wir betrachten einen Himmelskörper, der in das Schwerefeld einer Sonne eintritt. Die Art der neuen Flugbahn ist abhängig von

Um zu einprägsamen Ergebnissen zu gelangen, vernachlässigen wir Form und Dichte des Himmelskörpers und ersetzen ihn durch einen Massepunkt (Schwerpunkt). Außerdem berücksichtigen wir keine weiteren Wechselwirkungen mit anderen Himmelskörpern.

Die Gesamtbewegung des Teilchens läßt sich auf folgende Weise in 2 Teilbewegungen zerlegen:


9. Eine Herleitung der Planetenbewegung ([5])

Da die mathematische Behandlung der Bewegungsbahnen Kenntnisse über das Lösen von Differentialgleichungen 2. Ordnung verlangt, beschränken wir uns auf eine skizzenhafte Beschreibung der Herleitung:

Im Gegensatz zur Wurfbewegung im homogenen Parallelkraftfeld wirken nun alle Kraftvektoren in Richtung Kraftzentrum; wir sprechen daher von einem homogenen Zentralkraftfeld und definieren:
 
Das Vektorfeld  heißt homogenes Zentralkraftfeld. Ist f(r)<0, dann heißt das Feld anziehend, ansonsten abstoßend.

Da die Anziehungskraft nur vom Abstand des Punktes vom Zentrum abhängt, liegt die Verwendung von Polarkoordinaten nahe.

Wir verwenden folgende Kenntnisse:

(Nachzulesen in [5])

beschrieben.
 
 

In unserem Fall lautet der Kraftbetrag ; die Konstante k ist Produkt der Konstanten G , p und q. Wir substituieren r=1/u und setzen f(1/u) in die Bewegungsgleichung ein. Die entstehende Differentialgleichung

wird durch

mit den Konstanten C1 und C2 (-bewirkt eine Drehung um das Zentrum, wird daher vernachlässigt-) gelöst. Insgesamt ergibt sich unter Verwendung der Abkürzungen

die Polargleichung

eines Kegelschnitts mit numerischer Exzentrizität e . Unter Verwendung der Beziehung

ergibt sich die Gleichung

.

Bei  handelt es sich um eine Parabel mit linearer Exzentrizität p/2, ansonsten um eine Ellipse oder Hyperbel mit halben Haupt- und Nebenachsenlängen . Im Falle einer Hyperbel ist b imaginär. Die lineare Exzentrizität beträgt e=ae . In allen Fällen ist das Kraftzentrum S ein Brennpunkt des Bahnkegelschnitts.

Zusammenfassend gilt:

Unter Einfluß einer zum Abstandsquadrat indirekt proportionalen Zentralkraft beschreibt jedes Teilchen eine Kegelschnittsbahn. Ein Brennpunkt dieser Bahn fällt in das Kraftzentrum S.

Der Parabelfall stellt den Übergang zwischen Ellipsen- und Hyperbelfall dar und ist daher meist nur von theoretischem Interesse.

Bem.: Wurfparabel und Planetenbewegung sind zwei verschiedene modellartige „Realisierungen" desselben Phänomens Bewegung. Beschreibt man die Fallbewegung gegen die Erdoberfläche nämlich mit dem genaueren Modell der Zentralkraft, so bewegt sich der Körper auf einer Wurfellipse.
 
 

10. Beispiel Komet ([5])

Im folgenden wird das DG-Arbeitsblatt „Komet 1" zum Thema Planetenbewegung besprochen. Eine weitere, komplett analog zu lösende Aufgabe „Komet 2" ist beigelegt.

Komet 1: Ein Komet bewegt sich auf parabolischer Bahn im Zentralkraftfeld der Sonne S. Von der Bahn k sind momentane Position K und momentane Flugrichtung t (1.Hauptlage) bekannt. Bestimme den kürzsten Abstand Komet-Sonne (Die Position heißt Perihel bzw. Perigäum).

Hinweis: Es wird empfohlen, die Außrißparabel durch 3 Linienelemente festzulegen.

Notwendiges Basiswissen:

Zur Lösung des Beispiels müssen folgende räumliche Überlegungen angestellt werden: Zur konstruktiven Lösung des Beispiels sind folgende Grundoperationen notwendig:


Vorschläge für einen projektartigen Unterrichtsablauf

Beide Themengebiete können in folgenden Schritten projektartig erarbeitet werden:

Literatur
 
[1] Dönhoff, H.: Selbst untersuchen (Computer und Unterricht, 13/1994)
Dieser Artikel zeigt eine Möglichkeit, das Phänomen Wurfparabel PC-gestützt und durch Schülerversuche zu besprechen. Daneben befaßt sich der Autor mit der Frage, inwiefern der Einsatz neuer Technologien im Unterricht ertragreich sein kann.
[2] Hund, F.: Geschichte der physikalischen Begriffe (BI-Hochschul-Tb, 1968)
Diese Buch liefert einen Überblick über die Entwicklung der Physik. Insbesondere versucht der Autor, den Wandel in der Denkweise der Physiker und die damit verbundenen Änderungen in der Bedeutung physikalischer Begriffe zu vermitteln. Dadurch gelingt es, einen Einblick in die Kultur hinter der Physik darzubieten. Dieses Buch ist leicht lesbar und zur Erweiterung des geschichtlichen Wissens daher recht empfehlenswert.

[3] Jung, W.: Weltbild Kolleg Physik (Fischer Tb, 1983)
In diesem Taschenbuch wird die Mittelschulphysik neu aufbereitet präsentiert. Aufgrund des Umfangs und der damit verbundenen Kompaktheit der Ausführungen ist das Buch zum Selbst studium nur bedingt zu empfehlen.

[4] Keil, A.: Trainigsprogramm für Kugelstoßer (MU 2/1997)
In diesem Artikel wird die mathematische Behandlung der Wurfparabel sowie die Verwendung und die Visualisierung mit Algebraprogramm Derive geschildert. Die beschriebene Vorgangsweise erscheint mir sehr praxisnahe, der Beitrag daher sehr empfehlenswert.

[5] Paulsen, H.: Geometrieanteile im Physikunterricht an AHS (Diplomarbeit, 1996)
Die unter der Anleitung von Prof. Dr. Weiß verfasste Diplomarbeit behandelt Phänomene aus den Bereichen Raum-Zeit-Diagramme, ebene Statik, Schwerpunkt, Wurfparabel und Planeten bewegung, Reflexion, Brechung und Totalreflexion, Geometrie der Konstaktlinse und die spe zielle Relativitätstheorie. Die Aufbereitung der Themen ist teils schuladäquat, teils deutlich hochschulorientiert.

[6] Sexl u.a.: Physik 1und 2 (Hölder-Pichler-Tempsky, 1992)

[7] Schreiner, J.: Physik 1 und 2 (Hölder-Pichler-Tempsky, 1976)

[8] Apogee: Sharewareprogramm Bash1
In diesem Programm kommt die Wurfparabel als spielgestaltendes Element ständig vor.